Samstag, 5. Dezember 2009
Mord im Seehof
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D E R H E R R E N P I L Z – M o r d i m S e e h o f ?
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1. Dezember
Frau Schellhorn war ein bisschen erstaunt. Natürlich war sie von den Gästen ihres Seehofs – „ihres“ bezieht sich auf Frau Schellhorn, nicht auf die Gäste – einiges gewohnt.Wie alle guten Gastgeberinnen übersah und -hörte sie kleine Ausrutscher, wenn sehr gute Laune oder andere Alkoholika im Spiel waren.Nur damals, als sie frühmorgens zwei Gäste am Bärenfell fand, mit wenig Kleidung, hatte sie mit einem leichten Zuckender Augenbrauen reagiert. Aber sonst warf sie nichts um. Aber selbst Flori, dem kampferprobten Hund, war die Szene suspekt: Ein junger Mann mit frühem starkem Haarwuchs am Kopf lag wie schlafend auf dem Tisch. Das mit den Haaren und den kleinen Lichtungen konnte Frau Schellhorn deswegen so genau sehen,weil er mit dem Gesicht am Tisch lag. Am Ecktisch neben der Bar, wo die Stammgäste immer saßen.Oder besser: die Dauer-Stamm-Hausgäste und die Freunde des Hauses. Unterscheiden konnte man die unmöglich. Frau Schellhorn wunderte sich nicht nur über den Kopf am Tisch und den schlaffen Körper daran, sondern auch über den Teller daneben. „Wieso räumt denn den niemanden weg?“, rief sie in Richtung Speisesaal.
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*Alle Figuren, Inhalte und Accessoires sind frei erfunden
2. Dezember
Frau Resi fühlte sich zu Unrecht kritisiert. Dass Karola Schellhorn ihren Unmut über den am Haus-Bartisch schlafenden und - das war natürlich nur eine nicht ganz fern liegende Vermutung - noch angeheiterten Gast äußerte, war zwar irgendwie verständlich, aber was konnte sie dafür? "Warum räumt niemand den Teller ab", fragte Frau Schellhorn noch immer mehr verwundert als empört. "Ich kann doch nicht einfach den Teller wegräumen, solange er nicht fertig gegessen hat!", antwortete Resi.
Tatsächlich entdeckte Frau Schellhorn neben dem Kopf, der auf dem Gesicht auf der Tischplatte ruht, auf dem Teller mehrere Salatblätter und dunkle Stücke,
die aussahen wie. . . Steinpilze? Brotstücke? Was auch immer! Frau Schellhorn griff beherzt nach dem Teller, um die Ordnung wieder ein bisschen herzustellen
als plötzlich die Halle leicht erbebte. Massive Schritte waren zu hören und ein lautes "Guten Morgen!" in Richtung zweier verschlafen-schüchterner Gäste -
sie waren neu - ertönte. Sepp Schellhorn betrat die Szene, schaute nur kurz und sagte - nicht viel leiser: "Auch schön!" Resi versuchte die Situation zu erklären,
warum der Teller noch immer da stand - Frau Schellhorn hatte ihn wegen Sepps Auftritt wieder neben den Kopf gestellt. "So nicht!", sagt Schellhorn noch ein bisschen lauter und nahm den Teller: "Wer hat das so hinausgeschickt?" (Manchmal vergaß er, dass er nicht in der Küche war.)"Da fehlt Dressing, Speck, alles!" Mit nun wirklich dröhnenden Schritten stürmte er in Richtung Küche, wo sicher ein Opfer wartete. Knapp vor der Tür drehte er sich noch einmal um und sagte vergleichsweise zärtlich: "Und Walter leg dich dann vielleicht ins Bett!"
3. Dezember
Herr Walter rührte sich aber nicht. Trotz der Aufforderung des väterlich-strengen Wirtes macht er keine Anstalten aufzustehen. Frau Schellhorn und Frau Resi standen hilflos vor dem reglosen Mann, der kopfüber am Tisch lag. Zumindest hatte Sepp gerade die Identität des seit Stunden hier Ruhenden gelüftet: Beide kannten Walter natürlich, wenn auch nicht so gut, dass sie ihn sogleich am Hinterkopf erkannten. Außerdem ließ er das Frühstück häufig aus, da er die gegenüber liegende Seehof-
Dependance Hofmark 44 bewohnte. Und eben manchmal ein bisschen länger blieb und den Schlaf brauchte, wie Resi in Gedanken hinzufügte. Sepp war nach einer kurzen morgendlichen Kopfwäsche in der Küche,deren Vergnügen ein bisschen davon getrübt wurde, dass nicht alle schon da waren an die Bar zurückgekehrt. Er frühstückte schnell einen großen Braunen, gefolgt von ein paar kleinen Espressi. Ängstlichkeit oder Sorgen waren ihm fremd, aber Walters tiefer Schlaf war ihm suspekt. Inzwischen brüllten immerhin schon die Babys und die Hunde bellten um die Wette. Unauffällig -
die Gäste mussten nichts bemerken - ging er hin und fühlte den Puls. Er fühle keinen. Ein vergleichsweise leises "Oha" war zu hören. Karola Schellhorn und Resi wurden ein wenig bleich. "Ist ein Arzt im Haus", fragte eine der beiden Chefinen der Morgenstunden. "Sind wir im Flugzeug?", fragte Sepp zurück. Ich hole die Rettung. "Und die Polizei", murmelte ein sonderbar schwarz gekleideter Gast.
4. Dezember
Walter rührt sich noch nicht. Sepp Schellhorn hatte sich mittlerweile zu ihm gesetzt und tätschelte ihm immer wieder den Kopf, während er die Zeitung überflog. Es musste ja nicht sofort jeder über Walters Zustand Beschied wissen. Und dass sich Sepp um seinen treuen Gast und Freund schon Sorgen machte. Die Rettung war immerhin schon am Weg. Während er da saß – die Zeitung konnte ihn in letzter Zeit immer seltener unterhalten, einen Umstand, den er den im Haus weilenden Journalisten immer gerne mitteilte – fiel sein Blick auf einige sonderbare Gegenstände, die auf dem Polster neben Walter lagen: Mehrere Korken lagen da und eine sonderbare Feder. Sowie ein Fetzen Papier auf dem ein Name stand: „Pedanios Dioscurides“. „Kennst du den?“ fragte Sepp seine Frau, die ihn aber nicht hören konnte. Sie stand bei der Rezeption und wartete auf die Rettung. „Man muss mir ohnehin ja nicht zuhören“, murmelte Sepp und: „Ich kann ja auch mit der Wand sprechen.“ Er war sich sicher, dass Herr Dioscurios noch nie im Seehof übernachtet hatte. Obwohl nicht wenige Gäste klingende und/oder ungewöhnliche Namen hatten. Doch lange konnte er nicht über die Gästelisten der vergangenen Jahrzehnte nachdenken, Sanitäter und Notarzt trafen ein. „Wem fehlt etwas?“, rief der braun gebrannte Doktor in die Runde. Bevor ihn Sepp persönlich in Richtung des Tisches schieben konnte, auf beziehungsweise neben dem Walter lag, machte Susi den frechen Mediziner auf seinen Patienten aufmerksam. „Schaut nicht gut aus“, meinte er. „Danke Sie auch nicht“, antwortete Sepp in Walters Vertretung.
5. Dezember
„Er atmet nicht“, meinte der junge Arzt der von seinen ratlosen Sanitätern umringt wurde. Und man man hörte, dass er das noch nicht sehr oft gesagt hatte. Er wurde bleich: „Ich glaube, er ist tot.“ „Was heißt, sie glauben? Arbeiten jetzt schon Schamanen beim Roten Kreuz? Soll ich noch ein Psychiater dazu holen, damit wir eine zweite Meinung hören können?“ Sepp kam langsam in Fahrt. Susi schaltet sich wieder ein: „Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?“ „Ja, bitte“, der junge Mann – er hatte bis zuletzt überlegt, ob er in diesem Jahr den Job beim Roten Kreuz oder doch den in der Skischule St. Johann annehmen sollte. Nun wusste er die Antwort. Doch dann räusperte er sich: „Er hat keinen Pulsschlag, ich versuche ihn wiederzubeleben.“ Nun wurde Sepp ruhig. Es blieb beim Versuch. Nach 20 Minuten brachen sie ab. „Woran ist er gestorben?“, fragte Sepp. „Bin ich CSI?“, antwortete der junge Arzt – er lernte schnell. Sie müssen die Polizei rufen. Sepp rief an. Die Stimmung war nun gedrückt, wie ein Lauffeuer ging die Nachricht vom jung entschlafenen Walter durch das Haus.
6. Dezember
Langsam wurde es richtig voll an der Bar: Immer mehr Hotelgäste kamen an den Sanitätern vorbei und blieben stehen. Sie alle hatten vom Schicksal des jungen Walter, wie er ab sofort im Seehof heißen sollte, gehört. Es entwickelte sich eine kleine spontane, durchaus besinnliche Feierstunde in Gedenken an Walter: „Eigentlich ist es ein schöner Tod, im Seehof beim Trinken mit Freunden einfach einzuschlafen“, meinten ein paar nicht mehr so ganz Junge. Sepp sagte gar nichts mehr. Inzwischen tauchten die Beamten der Gendarmerie auf, wie die Polizei früher eigentlich geheißen hatte. „Wo ist der Tote?“ fragte der eine, während der andere suchend und betont unauffällig in Richtung Tatort ging. „Gleich sind es zwei!“ meinte Sepp, in dem endlich wieder der schellhornsche Kampfgeist erwachte. und „Hier liegt er!“ „Aha, Todesursache?“ „Sind wir CSI?“ hieß es da vielstimmig. Im Seehof lernt man schnell. „Ich rufe die Kriminalpolizei“, stammelte der junge Beamte. Auch Xaver, der vergangenen Abend lange mit den Gästen ausgeharrt hatte, war mittlerweile gekommen und servierte Espressi und den einen oder anderen Pfiff. „Nicht anrühren und verändern!“, sagte der andere Polizist, der wieder von seiner Runde aus dem Speisesaal gekommen war. Er hatte ein Buttersemmerl in der Hand. „Kein Problem“, sagte Sepp. „Kein Problem.“
7. Dezember
Kommissar Jörg Maier war ein gläubiger Katholik, was selten genug in seinem Beruf vorkam. Als er an diesem sonnigen Dezember Vormittag vom Gendarmerie-Posten kam, der längst Polizeiposten hieß, war sein Laune rapide gesunken: ein „Mord im Seehof“ hatte es geheißen. Er hatte von dem Hotel gelesen und gehört, er mochte solche gottlosen Orte nicht besonders. Und er kannte auch den Wirt vom Seehof. Maier hatte sich in diesem sonderbaren modernen Restaurant mit diesem eigenartigen modernen Namen neben diesem eigentümlichen modernen Museum über Salzburg beschwert, dass der Fisch, der da als Vorspeise auf der Karte gestanden war, roh serviert worden war. Roh! Der Gastwirt namens Sepp Schellhorn hatte ihm knapp geantwortet, dass er das Carpaccio vom Saibling auch gerne backen und dann grillen könne. Jörg Maier hatte das zwar nicht ganz genau verstanden, es war aber auf jeden Fall nicht freundlich gewesen. Jedenfalls hatte er nicht gerne mit Prominenten und solchen Leuten zu tun, daher versuchte er auch immer in der Festspielzeit auf Urlaub zu gehen, was oft genehmigt wurde, weil die Mörder die Stadt in den Sommermonaten meist mieden. Und Diebe sah Maier ohnehin nicht als seine Kunden an. „Nicht seine Zielgruppe“, sagte er halblaut und kicherte. Das dumme Wort hatte er beim vergangenen „Einbruchsseminar“ in Wien im Innenministerium gelernt. Dabei hatte es unter anderem geheißen, dass Georgier die Zielgruppe der Wiener Kollegen waren. Maier hatte drauf gemeint, dass das für die Salzburger die Münchner seien, aber das hatte niemand lustig gefunden. Er merkte, dass seine Gedanken abschweiften. Das passiert ihm häufig. Also auf zum Seehof, wo Schauspieler, Schreiber und solche Leute gerne wohnten. Der Tote sei auch einer, hatte ihm der Beamte vor Ort am Telefon gesagt, ein wichtiger Werber und Grafiker aus München. Sicher Drogen und/oder Eifersucht im Homosexuellen-Milieu, dachte Maier, bevor der Preis-Leistungs-Verhätlnissieger Skoda Oktavia die Hochleistungen antrieb.
8. Dezember
Jörg Maier betrat den Seehof. Er war fast überrascht wie alt und normal das Haus aussah. Gar nicht so modern wie das Restaurant mit dem komischen Namen bei dem sonderbaren Museum. Er ging in die stille Bauernstube und staunte noch mehr: Ein solches Schmuckstück hatte er schon seit Jahren nicht gesehen. Ergriffen nahm er Platz und nahm seinen alten Stetson vom Kopf. Die Salzburger erkannten ihn oft an diesem Hut, dass er Polizist war, wussten die wenigsten. Sie hielten ihn für einen Obdachlosen oder eine verrückten Künstler, was er zum Glück nicht wusste. „Mein Gott, ist die schön“ seufzte er. Plötzlich hörte er eine Stimme dicht hinter ihm auf dem großen Tisch: „Wir sind eigentlich kein Museum, aber Sie haben Recht.“ Sepp Schellhorn war vor dem Trubel bei der Bar geflüchtet. Beide saßen schweigend und genossen die Ruhe. Plötzlich sagte Maier: „Wo ist der Tote?“ Die harmonische Stille war wie geblasen. „Was wollen Sie Sensationsgeier hier?“ Schellhorn hatte den Satz nicht beendet, da baumelte schon das Abzeichen des Landeskriminalamts vor seinen Augen. „Sie sind der Schellhorn, nehme ich an. Grüß Gott, meine Name ist Jörg Maier wie Wörther und Johanna, ich leite die Ermittlungen. In welcher Verbindung standen Sie zum Toten und wo waren Sie als er starb.“ Maier genoss die Sekunden der Sprachlosigkeit. Er sollte es nicht mehr oft erleben.
9. Dezember
Das passierte ihm selten: Sepp Schellhorn brauchte ein paar Sekunden, um die Aussage seines Gegenübers zu verdauen. Ermittlungen, hat der sonderbar gekleidete Mann gesagt, der offensichtlich Polizist war, demnach also mit öffentlichen Mittel finanziert wurde und so bestimmt auftritt. Solche Zeitgenossen hat er schon... Wieso glaubte der überhaupt, dass...? „Wieso Ermittlungen?", fragt der Chef. „Woher wissen Sie, dass es kein Unfall war." „Das müssten wir auch erst ermitteln. Herr Schellhorn, ich würde vorschlagen, Sie vergessen nicht, dass ich Polizist bin." „Ich versprechen Ihnen, das vergesse ich nicht." In der Zwischenzeit war Kellner und Chef-Animateur Xaver aufgetaucht und stellte die unvermeidliche Frage: „Darf ich etwas bringen? Sepp wollte schon ein kurzes, deutliches „Nein" formulieren, da nahm er vertrautes Glänzen in den Augen des Salzburger Inspektors war: „Ein Glas Champagner vielleicht auf Haus?", fragte er höflich. „Das bekommen alle Gäste, wenn sie kommen", fügte er nicht ganz 100 Prozent der Wahrheit entsprechend am. Jörg Maier räusperte sich und sagte: „Meinetwegen, aber glauben Sie nicht, dass ich so leicht zu bestechen bin. Jetzt will ich den mutmaßlichen Tatort sehen." Maier verließ in schnellem Schritt die Stube und ging in Richtung der Stimmen. Dort, so nahm er an, würde wohl der Tote sein. Der Täter war dann meist nicht sehr weit. Sepp hing noch seinen Gedanken nach und sagte halblaut: „Wir haben auch ein paar sehr gute Flaschen Bordeaux, Petrus und so." Das Glänzen in Maiers Augen nahm zu. Mit einem schnellen Schwung entriss er Xaver das Glas Sprudel und betrat den eigentlichen Schauplatz des Geschehens.
10. Dezember
Wären die beiden uniformierten Exekutivbeamten nicht gewesen, man hätte denken können, Walter weilte noch unter den Lebenden, so gut war die Stimmung dank der Seehof-Familie, ein paar Gläsern und der dezenten Musik, die Susi Schellhorn aufgelegt hatte. „Eine würdige Trauerfeier" für Walter, so hatte es einer der älteren Stammgäste mit vornehmen hanseatischen Akzent formuliert, bevor es zum Skifahren ging. Jörg Maier bekam hingegen fast einen cholerischen Schock, wie die Rötung seines nicht gerade zierlichen Schädels zeigte: „Was ist denn hier los? Was soll denn das? Das ist ein Tatort und kein Bierzelt!", brüllte er. „Die TV-Serie mag ich noch immer sehr", meinte die nicht nur zufällig anwesende Schauspielerin, die wie alle Großen der Bühnen gerne unerkannt blieb und daher hier nicht namentlich erwähnt wird. Mehrere befreundete Gäste des Seehof stimmten ihr zu, begannen ein kleines Fachgespräch über die Vorzüge der TV-Serie und die unvermeidliche Debatte, ob nun die deutsche Ausgabe der österreichischen überlegen sei oder nicht. (Sie ist es und bildet gemeinsam mit Guido Westerwelle die Ausnahme von der generellen Regel, dass Österreich besser ist. . .) Maiers Kopf hatte indes die Farbe eines Paradeisers (auf deutsch: Tomate!!!) angenommen: „Sofort alle aufs Zimmer, jetzt beginnt die Spurensicherung und dann vernehme ich alle. Das ganze Haus steht unter Quarantäne!" Maier war in der Geschwindigkeit kein besserer Ausdruck eingefallen. „Ist wer krank?", fragte der Leiter der Spurensicherung daher, der gerade eingetroffen war und den letzten Teil von Maiers Befehlen gehört hat. Langsam zerstreute sich die Menge, noch immer durchaus positiv gestimmt. Die Aussicht auf ein kleines Miss Marple-Spiel im Seehof hatte alle fast fröhlich gestimmt. Natürlich mit dem kleinen Walter-Trostpflaster.
11. Dezember
„Soll ich abräumen?" Herr Xaver schaut fast ungläubig auf die Dutzenden Gläser, die sich in den vergangenen Stunden um Walter gesammelt hatte. Dem Armen hatte jemand eine rosa Decke auf den Oberkörper gelegt. „Sicher nicht", rief Inspektor Jörg Maier, der sich schnell noch ein verwaistes volles Bier nahm. „Sicher schon, da finden wir nichts mehr," meinte der Chef der Spurensicherung, ein gebürtiger Goldegger, der das Glück in Übersee gesucht und natürlich nicht gefunden hatte. „Interessant wäre nur der Salat, vom dem die Kellnerin gesprochen hat! Und die Leiche natürlich." Maier hörte das schon nicht mehr und nahm sich Sepp Schellhorn, der mit seiner Frau Susi und Xaver an der Bar geblieben war, vor: „Bitte zur Vernehmung. Name, Adresse, Beruf, bitte!" „Schellhorn, hier, Chef", polterte der Angesprochene zurück. „Wo waren Sie gestern Abend und wann haben Sie das Mordopfer zuletzt gesehen?" Schellhorn antwortete wie gewohnt schnell: „In der Küche, dann an der Bar, später in Salzburg und um vier in meinem Bett im Pfarrhof." Da schaut Maier auf: „Sie wohnen im Pfarrhof, sehr interessant. Wo wohnt denn der Pfarrer jetzt?" Schellhorn schaute perplex: „Bin ich die Erzdiözese?" Maier notierte sich schnell ein paar Zeilen: „Das heißt, Sie haben das Opfer zuletzt um. . ?" „Ich habe Walter gegen halb zehn das letzte Mal gesehen, dann bin ich gefahren." Maier setzte seinen von Angela Merkel geborgten Schmal-Mund-Blick auf und sagte: „Danke, das war's." Herr Xaver bitte! Dem fiel vor Schreck ein Glas hinunter. „Aha, haben wir etwas zu verbergen?" Xaver kam kurz ins Stottern: „Ja, ich, also." Maier mit einem triumphierenden Blick auf seine Uhr – er würde es zu den Fünf-Uhr-Nachrichten locker nach Hause schaffen: „Dann unterhalten wir uns doch kurz!"
12. Dezember
Herr Xaver war ein bisschen bleich. Aber er hatte eigentlich ein reines Gewissen. Eigentlich. Um ein bisschen Zeit zu schinden, fragte er Maier: „Darf ich Ihnen vielleicht etwas Gutes tun?" Da Maier diesen Satz womöglich nicht verstehen würde, beeilte er sich noch zu erklären: „Also etwas zum Trinken bringen?" Der Kommissar nickte beiläufig und sagte aber: „Fragen Sie doch Ihre Kollegin!" Rosemarie war nämlich gerade erschienen und gerade über die Vorkommnisse der vergangenen Stunden informiert worden. Als Xaver sie bat, einen Pfiff Brier zu bringen – das würde schnellere Wiederauffüllung und eine kleine Unterbrechung des kommenden Gesprächs bringen, wischte sie sich eine kleine Träne aus dem Gesicht. Maier notierte sich das schnell. „Ich nehme die Stube", rief er dem Hausherren zu. „Fühlen Sie sich wie zu Hause", brüllte der zurück. Ein unhöflicher Patron, dachte sich der Inspektor und begann die Vernehmung etwa schärfer: „Sie wissen also etwas über den Mord!" Xaver schaute verwundert: „Wieso ermordet. ich dachte, es war ein Kreislaufkollaps." Nun war Maier perplex: „Wieso glauben Sie das?" Xaver bemerkte, das der Mann überhaupt nichts wusste: „Also, seit Tagen spielen einige Stammgäste im Seehof ein Spiel. Eine Art kleines Turnier." „Wie? Wer mehr Drogen nimmt, oder was?", blaffte Maier. Xaver blieb ruhig: „Nein, auch nicht Alkohol. Es geht um kleine Aufgaben: etwa wer es schafft, die meisten Innereien zu essen. Oder die meisten Bordeaux-Weine erkennt. Oder auch Sachen im Dorf." „Was für Sachen im Dorf? das klingt nach irgendwelchen Sex-Geschichten!", Maier wähnte sich am Ziel, er würde es den Künstlern, Kreativen und Schauspielern schon zeigen. „Das weiß ich nicht, da müssen Sie die Spieler schon fragen!" Xaver täuschte ein dringende Bestellung vor, die nur er entgegen nehmen konnte und verschwand. Maier: "Wo ist diese Rosemarie?"
13. Dezember
Jörg Maier war langsam ernsthaft erbost. Der junge Mann names Xaver, der vorher noch so höflich gewirkt hatte, nahm sich Frechheiten heraus, die die Staatsgewalt, also Jörg Maier nicht länger olerieren konnte und durfte. „Ich warne Sie! Beantworten Sie diese Frage wahrheitsgemäß: Wann haben Sie das Mordopfer zuletzt gesehen?“ Xaver antwortet mit leiser Stimme und ganz vorsichtig: „Um zwei Uhr früh habe ich die Bar verlassen, da saß er noch frisch und munter - gut vielleicht nicht ganz munter - auf seinem Platz.“ Maier wusste, dass er der Wahrheit nahe war: „Wer war da noch?“ Jetzt ging es um alles. Das wusste auch Xaver: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Jetzt platzte Maier endgültig der Kragen: „Einen kleinen Waldheim haben wir hier also! So geht das nicht, ich nehme sie in Beugehaft!“ Wie immer blieb Xaver höflich: „Wir haben keine Arrestzelle in Goldegg, tut mir leid.“ „Das stimmt“, bestätigte der vom lauten Brüllen Maiers alarmierte Polizist, der noch immer durch das Haus streifte. „Dann kommt er eben in ein Zimmer, bis er sein Gedächtnis wieder findet!“, löste Maier das Problem wie jedes schnell und bestimmt. „Frau Schellhorn ein Einzelzimmer für diesen Herren, mir geben sie bitte eine Suite.“ Susi Schellhorn reagiert ebenso schnell und lächelnd: „Das ist jetzt wirklich ganz blöd, aber die Suiten sind alle besetzt, aber ich habe Ihnen eine Senior-Suite bei unserem Nachbarn organisiert. Das ist auch viel schöner als bei uns.“ „Danke. Und das Einzelzimmer?“, fragt Maier misstrauisch. „Wir haben leider gar kein Zimmer mehr frei!“ Maier ließ nicht locker: „Aber sicher eine Sauna, oder? Das reicht dem jungen Mann.“ Susi Schellhorn musste nachgeben. Während Maier den armen gebrochen wirkenden Xaver persönlich in die Sauna-Zelle führte – er traute der lokalen Exekutive prinzipiell nicht – überlegte Susi fieberhaft war zu tun sei: „Haben wir einen Anwalt unter den Gästen, einen Pflichtverteidiger?“, fragt sie ihren Mann, der sich gerade seinen Zorn von der Seele bloggte. „Nein, leider, nur Schauspieler, Journalisten und Menschen mit ähnlich anständigen Berufen“, knurrte er. Aber Susi hörte schon gar nicht mehr zu. Sie hatte bereits die Facebook-Gruppe „Rettet Xaver aus der Polizei-Sauna-Gewalt!“-Gruppe gegründet und als erstes Aktion hatten empörter Follower zeitgleich auf Twitter bereits zu einer Mahnwache im dritten Stock des Seehofs aufgerufen. Sekunden später strömten die ersten Gäste aus ihren Zimmern und versammelten sich mit Kerzen vor dem Nasszellen-Bereich, um ein Zeichen zu setzen. „Jetzt weiß ich endlich, wofür diese Teelichter in den Zimmern sind“, meinte die Gastrokritikerin aus Wien. Jörg Maier war zum Glück verschwunden.
14. Dezember
Kommissar Maier – oder war er Inspektor - er wusste das auch nicht immer so genau – nützte die Ruhe, um den Tatort noch einmal genau zu inspizieren. „Was haben wir denn da?“, fragte Maier mehr sich selbst, als die gerade aufbrechenden Mitarbeiter der Spurensicherung. Wie gewohnt antworteten die stets müden „Kollegen“ betont gelangweilt: „Drei Federn, vermutlich von Hühnern, genaueres erfahren Sie in vier Wochen, wenn wir sie analysiert haben“, sagte der Beamte mit dem Nick-Knatterton-Koffer in der Hand und lächelte ein wenig. „Vier Wochen?“, fragte Maier ungläubig. „Vier Wochen, genauso lange brauchen wir auch für die genaue Untersuchung der drei Korken und des alten zerfledderten Buches, das hier liegt.“ Maier fand seinen Kampfgeist wieder und donnerte die Faust auf die Bar, wie es sonst nur Sepp Schellhorn kann: „Dann brauche ich es nicht mehr. Danke, Abfahrt.“ Die so genannten Kollegen zogen ab: Maier prüfte als erstes die Korken, plötzlich nahm er eine Bewegung hinter dem Fenster zum Speisesaal wahr: „Äh, Frau Rosemarie bitte!“ Rosemarie kam mit schnellem selbstbewussten Schritt auf ihn zu. Maier war es fast die Spur zu selbstbewusst. „Kommen Ihnen die bekannt vor?“, fragte Maier schroff. „Ja, natürlich Herr Maier.“ Sie lächelte ein bisschen spöttisch. „Und zwar?“, sagte er eine Spur zu laut, er bemerkte, dass er nervös wurde. Dabei sollte doch die zu Einvernehmende nervös werden. „Das sind die Korken von einem Château Petrus, einem Cheval Blanc und einem La Coste. Wollen Sie die Jahrgänge auch noch wissen.“ Maier spürte, wie es ihm den Boden unter den Füßen wegzog. Er wusste nicht, ob es ihr freundlich, herablassendes Lächeln oder die klingenden Namen der Weine waren. „La Coste, das sind doch diese Polos, nicht?“, stotterte er hervor. „Nicht ganz, Château Grand-Puy-Lacoste ist ein Weingut in der Appellation Pauillac bei Bordeaux. Château Grand-Puy-Lacoste ist ebenfalls der Name des Rotweins, der auf diesem Gut produziert wird. Das Château wurde 1855 als eines von achtzehn Cinquièmes Crus Classés (Fünftes Gewächs) in der offiziellen Bordeaux-Weinklassifikation von 1855 bewertet. Alles klar?“ Maier war sprachlos. Rosemarie eigentlich auch, sie hätte nicht gedacht, dass ein Polizist so leicht zu beeindrucken sei. Die Gäste des Seehofs vielleicht, aber ein Kommissar? Oder war er gar Inspektor. Egal, Rosemarie entschloss sich, die Geschichte ein wenig zu beschleunigen. „Das war Teil des Seehof-Stammgast-Spiels. Dabei darf jeder Gast, der mindestens zehn Mal zehn Tage hier war, eine Runde ansagen. Die Wein-Runde unter dem Titel „Wer erkennt die meisten Bordeaux, die er sich nicht leisten kann“, hatte Herr Nowak gestern am späten Abend ausgerufen. Sie wissen, der Journalist, dafür gar nicht unnett eigentlich.“ Maier war verblüfft: Noch ein Verdächtiger! Vergiftung mittels teuren Rotweins? Rosemarie hat ihm gerade den Täter auf dem Tablett serviert. „Danke, Rosemarie!“
15. Dezember
Rosemarie wurde das Leuchten in den Augen dieses zerknitterten Kommissars mit dem Allerweltsnamen suspekt: Sie ahnte plötzlich, worum es ihm eigentlich ging. „Moment, so geht das nicht“, sagte sie sehr laut. „Und da kam dann noch ein Spiel danach! Das habe ich erfunden,“ sagte Rosemarie und zündete sich eine Zigarette an. „Es ging um Weißweine und Zigarren“ sagte sie. „Ich glaube, Sie lügen“, antwortete Maier. „Nein, im Ernst, die Gäste mussten mit den Zigarren die Weißweinflaschen balancieren!“ „So ein Blödsinnn“, sagte Maier. „Wirklich, trinken Sie einmal ein Glas, Ihr Mund ist ganz trocken!“, gab Rosemarie zurück. „Wir haben da einen Rudi Pichler Smaragd, den trinken wir zügig aus, dann zeige ich es Ihnen.“ Maier merkte auch, dass sein Mund trocken war. Er trank schnell und zügig ein Glas, noch ein Glas, und dann noch ein Glas. Irgendwann war die Flasche leer. Schnell nahm Rosemarie die Flasche und versuchte eine Zigarre hinein zu stecken. „Das funktioniert nicht“, sagte Maier mit nicht mehr ganz leichter Zunge. „Das ist ja der Schmäh“, gab Rosemarie zurück. „Jetzt probieren wir das mit der Magnum aus.“ Maiers Augen leuchteten. Und kurz vergaß er den Fall. Sepp Schellhorn beobachtete die Szene und murmelte: „Der hat ein gutes Spesenkonto, der Herr Kommissar.“
16.12.
Herr Mayer verbrachte eigentlich eine recht ruhige Nacht in dem etwas rustikalen Nachbarhotel. Warum auch nicht. „Reine Routine“ dachte er sich, als er die Reisezahnbürste von seinem Flug nach Sir Lanka auspackte und mit geballter Kraft versuchte, die kleine Tube auszuquetschen, die ihm als Goodie mitgegeben worden war. Kopfweh hatte er auch nicht mehr als sonst. Einen Blick auf seine wasserfeste Riesenuhr zeigte ihm, dass es längst Zeit war, den Schauplatz mit seiner Gegenwart zu bereichern. Er ist ja einiges gewohnt, wenn er den Raum betritt, nur so eine Reaktion ist ihm in seiner langjährigen Laufbahn noch nicht passiert. Von Reaktion kann man hier nicht reden. Es war niemand da. Plötzlich ertönte ein lauter Ausruf aus dem Raum der Namenlosen. Fernsehrzimmer hatte es einst geheißen, Dank zweier Computer war Internet-Cafe diskutiert aber verworfen worden. Mayer zog mit einer
dramatischen Geste den Vorhang weg und sah Franziska an einem der Computer sitzen. Franziska, seit kurzem im zweistelligen Alter, war die jüngste des Schellhorn-Clans, was man nicht hörte. Am Bildschirm lief eines dieser neuartigen Comicspiele. „Spongebob“ kombinierte die Detektiv-Synapse des Kommisars. „Woast scho oben?“, sagte das kleine Mädchen ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. Herr Mayer schüttelte nur den Kopf und rümpfte die Nase. „Des würd i mal machen!“, ein wenig irritiert verließ er das Zimmer und machte sich ein paar persönliche Notizen zu dem Mädchen. In diesem Moment kam einer der nicht rüstigen Gäste die Stiegen herunter. „Ehm, Herr Komissar, würden Sie mal kurz hoch kommen? Die Frau Schellhorn wartet auf
Sie.“ „Ich nehme den Lift!“ antwortete Herr Mayer, drückte den Knopf und vertrieb sich die Zeit des Wartens mit unnötigen Aufzeichnungen in sein Büchlein. Intuitiv drückte er das oberste Geschoß und siehe da, seine Intuition täuschte ihn auch dieses Mal nicht. Um die 15 Leute, teils Gäste, teil Personal standen um den Eingang des Saunabereichs. Es glich ein wenig einem Hühnerhaufen, weil es sich hauptsächlich um Frauen handelte, die nervös auf und ab gingen. „Guten Morgen, Herr Mayer! Haben Sie gut geschlafen? Ich habe gute Neuigkeiten für Sie! Ein Ehepaar reist heute
frühzeitig ab, sie können deren Suite beziehen!“ „Niemand wird das Hotel verlassen!“ reagierte Herr Mayer auf den Willkommensgruß von Frau Schellhorn. Gleichzeitig aber musste er sich ein wenig ärgern, denn eine Suite im Seehof hätte er schon gerne einmal bewohnt. Sein Pflichtbewusstsein schob aber diesen Gedanken schnell zur Seite. „Was machen wir hier oben?“ fragte Herr Mayer in die Runde, die sich langsam beruhigte. „Der Xaver, ist nicht mehr da“, sagte eine der Frauen. „Nur seine Schürze“, fügte sie hinzu.„Der kommt gleich wieder. Um die Uhrzeit schläft er noch!“ versuchte Frau Schellhorn die Situation zu beruhigen und bemerkte in diesem Moment, dass die Sauna Xavers Schlafplatz gewesen war. „Frauen“ dachte sich Herr Mayer in
diesem Moment, versuchte aber seine Gedanken mit einem leicht missglückten
Pokerface zu überdecken. „Wir werden ihn zur Fahndung ausschreiben“,polterte Maier: „Entweder er hat etwas zu verbergen!“ „Oder er hat etwas gesehen und der Mörder hat ihn“, beendete ein alte Dame aus Deutschland, die Maier um drei Köpfe überragte, den Satz.
17.12.
In ganz Goldegg wurden Fahndungsplakate mit dem Antlitz Xavers aufgehängt, eine kleine Belohnung wurde für den glücklichen Finder auch versprochen. Bei der Höhe hatte sich Kommissar Maier nicht festgelegt, er wusste noch nicht genau, wie viel von seinem monatlichen Unkosten-Budget – das Wort „Spesen“ schätzte er nicht so sehr – für die in Aussicht gestellte Suite draufgehen würde. Oder ob sie quasi von der Familie Schellhorn zwecks höherer Kreativität kostenlos zu Verfügung gestellt wurde. Er bemerkte leicht perplex, dass es ihm hier immer besser gefiel: der schöne See, die Stube, der Wein und natürlich die Wein-Expertin Rosemarie - er merkte sich nie, ob man die mit oder ohne „e“ schrieb. Gut, der Wirt war nicht der freundlichste, aber kochen konnte er wirklich. Vielleicht sollte er ihn heute bitten, Innereien zu kochen. Aber er verdrängte diese Gedanken, er durfte seinen Beruf nicht vergessen. Er war Polizist und musste hart durchgreifen. Die Suite würde er dennoch nehmen.
Voller Tatendrang stürmte er in den Seehof zurück, er hatte die Anbringen der Plakate persönlich überwachen müsste. Der Kollege vor Ort hat die ersten Xaver-Plakate verkehrt aufgehängt. Er beschloss, kurz bei den Gerichtspathologen nach zu fragen, ob Gift bei Walters Tod im Spiel gewesen sein könnte. Doch in Salzburg hörte er nur Altbekanntes: Es herrsche Sparkurs, daher seien alle Beamten schon früher nach Hause gegangen, um mögliche drohende künftige Lohnkürzungen schon jetzt für alle Fälle abzumildern. Mit dem Goldegger Toten müsse man sich daher Zeit lassen. Aber wenn es dringend sei, könnte man die Kollegen vom nahen Krankenhaus um Amtshilfe bitte. Die Golfsaison sei schließlich vorbei. „Ja bitte“, sagte Maier knirschend. Bei den Typen musste man immer höflich sein, sonst legten sie einfach aus und ließen die Leichen ins nächste Kommissariat liefern. Maiers Wut brauchte nun ein Opfer. Schnell rief er in Richtung Rezeption: „Jetzt vernehme ich alle Gäste. Bitte der Reihe nach in allen Zimmern anrufen! Ich werde mein Büro in dieser Dependance gegenüber einrichten, diesem Hofmark(t) 44.“ Dort würde er vielleicht nicht so schnell so viel trinken, keine Rosemarie – doch mit „e“? – würde ihn dort ablenken.
18.12.
Die ersten Gäste erschienen. Sechs an der Zahl. „Moment!“ schrie Maier. „Ich sagte einzeln. So geht das nicht!“ „Doch, genau so geht das“, sagte eine blonde, aber nicht zu blonde Frau mit leiser, aber bestimmter Stimme, in der Maier einen leicht rauchigen Hauch wahrzunehmen glaubte. Es war genau jene Art von Stimme, die einem ständig suggeriert, man selbst klinge leicht hysterisch. Während Maier dieses Stimm-Analyse anstellte, sprach sie weiter: „Wir wollen den anderen Gästen solche Umstände ersparen. Sie suchen uns!“ Maier, der gerade überlegt hatte, woher ihm das Gesicht bekannt vorkommen könnte, heulte triumphierend aus: „Das heißt, Sie gestehen den Mord! Wer ist der Täter, wer sind die Komplizen? Und vergessen Sie die mildernden Umstände, wir hatten alle eine schrecklich harte Kindheit. Wir sind hier nicht in Wien, München, Tokio, wo Sie damit durchkommen werden!“ Maier fühlte sich plötzlich wie ein Star aus der TV-Serie Tatort, wusste aber auch nicht genau wieso. Die die Szene dominierende Gästin unterbrach Maier endlich: „Sie irren sich. Wir sind keine Mörder oder anderweitig kriminell, sondern hier um Ihnen weiterzuhelfen. Wir sind der immer Seehof-Club-Kreis und haben das Spiel der sieben Aufgaben erfunden“. Maier fühlte sich immer stärker eingelullt und täuschte eine kleine Husten-Attacke vor, die er mit einem Glas Wasser bekämpfte. In Wahrheit war es Schnaps, aber das wussten nur er und der Kunde, der eine der hier angebotenen Flaschen kaufte und zu Hause bemerken würde, dass Maier den Inhalt mit Wasser ausgetauscht hatte. „Sieben Aufgaben? Ist das hier die Illuminati-Schnitzejagd durch Goldegg, oder was? Ich verhöre Sie jetzt einzeln, dann überführe ich eben den Mörder unter ihnen. Namen und Berufe bitte, dann ruf ich Sie einzelnen auf.“ „Coco Friese“, sagte die Sprecherin der Gruppe und hauchte dazu: „Schauspielerin“. „Josef Schollenmann, Bankier“, meinte der zweite mit deutschem Akzent. „Frau Rubtisch für Sie, das muss reichen. Musik- und Unterhaltungsproduzentin“, sagte die dritte im Bunde nicht sehr freundlich. „Alexander Unterhauser; Vier-Sterne-General des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks“, meinte Nummer vier. „Und Rainer Nowak, Schreiber der Presse, er neben mir heißt Nikolaus Käfig und kommt aus den USA, er versteht kein Wort deutsch“, meinte schließlich der fünfte über sich und den sechsten. „Und warum heißt er dann Käfig?“, bellte Maier. „Das ist natürlich sein Künstlername“, antworteten Frau Coco und Frau Rubtisch, geborene Rubenstein, wie aus einem Mund. „Dann können wir jetzt beginnen! Einzeln, der Gebühren-General zuerst!“
19.12.
Alexander Unterhauser nahm lächelnd auf der schmalen Bank im Hofmark(t) 44 Platz. Er verband viele schöne Erinnerungen an diesen Ort – wie an so viele. Unterhauser war ein freundlicher, positiv gestimmter Mann, den auch die größten beruflichen Rückschläge nicht aus der Bahn werfen konnten. Unterhauser verging das Lächeln nie. Und wenn dann merkte das keiner: „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte er und es klang fast wie der berühmte Satz Xavers „Kann ich Ihnen was Gutes tun?“. Maier verwechselte die Freundlichkeit wie so viele mit Harmlosigkeit und fragte fast herablassend: „Was sind das nur für Spiele? Erwachsene wie Sie, das ist doch kindisch.“ „Das stimmt so nicht“, antwortete der Medienmanager des Jahres 1997. „Das sind unterhaltsame Spiele. Ganz harmlos. Spielen Sie nie?“, fragte der Mann, den nicht nur seine Freunde Alex nannten. „Wenn ich spiele, bleiben keine Toten liegen“, herrschte Maier den an sich mächtigen Mann in seiner harmlosen Freizeitkleidung an: „Was haben Sie da gespielt?“ „Also wir haben ganz klassisch ein paar Bordeaux blind verkostet“, sagte Unterhauser. „Und was war das mit den feuchten Zigarren und dem Weißwein?“ Unterhauser reagierte verblüfft: „Ich wäre zwar gerne Bill Clinton, aber Zigarren-Spiele gab es keine in unserer Runde. Da müssen Sie einer Falschinformation aufgesessen sein.“ Maier spürt den Stich, Frau Rosemarie hatte ihn mit oder ohne „e“ angelogen, offenbar um diesen Schreiberling zu decken. Maier verspürte nicht nur Ärger. Unterhauser sprach weiter: „Nein, nach dem Wein haben wir tatsächlich ein fast kindisches Spiel an der Reihe gehabt. Jeder Teilnehmer musste hintereinander heimlich zum benachbarten Bilderhauer-Bauern gehen, den Hühnern ein paar Feder entwenden und sie an einer der Skulpturen befestigen. Das war schwer, erstens war es kalt, zweitens wäre es peinlich gewesen, erwischt zu werden.“ Maier kam aus dem Stauen nicht heraus: „Wenn Ihnen das Spaß macht, verstehe ich jetzt wie auf manche Ihrer TV-Shows kommen.“ (Aber zumindest wusste er nun, woher die Federn kamen.) Unterhauser plauderte weiter: „Nein, es gab noch lustigere Aufgaben, vor ein paar Tagen musste jeder ein abgelaufenes Lebensmittel in dieser kleinen Harrods-Filiale im Ort finden, das war gar nicht so leicht, so viele hat er dort nämlich gar nicht.“ Maier war langsam sprachlos. Als plötzlich das Mobiltelefon seines Gegenübers läutete und der ins Telefon sagte: „Frau Minister, so ein Zufall, ich rede gerade mit einem Ihrer Beamten. Einen persönlichen Gefallen? Wenn es sein muss. Solange es keine Intervention ist.“ Winkend und lächelnd ging er davon. Maier sagte nur: „Der nächste bitte!“
20.12.
Der Nächste war die Nächste: Frau Coco betrat den Raum und der wurde gleich ein bisschen heller. „Was ist denn los mit Ihnen?“, fragt sie und der Inspektor fühlte sich wie einer dieser großen Kommissare in TV-Serien wie Tatort. „Nichts, also, es geht“, stotterte Maier und bemerkte gar nicht, dass er schon die längste Zeit den kleinen Mops namens Hermann streichelte, der neben ihm auf der schmalen Bank Platz genommen hatte. „Sie müssen mehr auf sich schauen“, sagte Coco ernst und Maier wurde fast feierlich. „Wissen Sie, ich habe nie in solchen Hotels Urlaub machen können. Als ich klein war, hatten wir das Geld nicht, heute bin ich alleine, da fährt man nicht in ein solches Haus, in dem nur glückliche Paare und Familien sind.“ Maier bemerkte, dass er rührselig wurde, seine Augen mussten bereits feucht glänzend. Aber er konnte jetzt nicht aufhören: „Wenn ich in der Nacht ein Baby brüllen höre, kann ich mich gar nicht aufregen, wie einer dieser bösen alten Menschen. Obwohl ich schon einer bin. Nein, ich bin plötzlich gerührt.“ Er begann leise zu schluchzen, Coco nahm seine Hand und sagte beruhigend: „Das wird schon wieder. Sie müssen mehr unter die Leute. Im Seehof sind auch nicht alle glücklich, aber ein paar Wochen im Jahr versuchen die Gäste es zu sein." Coco bemerkte, dass sie
jetzt ein bisschen zu dick auftrug, lenkte schnell ab und fragte: „Was wollten Sie eigentlich von mir wissen?“ Maier trocknete sich die Tränen mit seinen teuren Hirschleder-Handschuhen und fühlte sich plötzlich wie ein Schulbub, der beim Poesiealbum-Schauen erwischt worden war: „Ich wollte nur wissen, ob dieses Spiel wirklich so harmlos war?“ „Absolut“, sagte Coco. „Nur. . .“ Maier erwachte: „Was nur?„ Coco: „Na ja, einige ganz wenige Mitspieler haben Einzel-Wetten abgeschlossen, da ging es um hohe Summen. Dass ich aus dem Hühnerstall zurückkomme, hat dem deutschen Bankier einen hohen Betrag gekostet. Und dann gibt es noch diesen Künstler E.“ Den Satz hörte Maier gar nicht mehr, er war schon bei der Tür, zeigte auf den Haupt-verdächtigen und wusste ganz genau: Jetzt würde er den Fall lösen!
21.12.
Doch plötzlich sprang ein fast noch junger Mann mit wirrem Blick und ebensolcher Haarpracht dazwischen: „Ich muss eine Aussage machen.“ Maier knurrte, er hasste es, wenn seine Pläne durchkreuzt wurden: „Ein Geständnis will ich hoffen. Name, Beruf?“ „Wie, wissen Sie nicht wer ich bin, Peter Moorsee, lokaler Malerfürst.“ „Stimmt, ein Künstler hat uns in der Geschichte noch gefehlt.“, gab Maier zurück, der seinen eigenen Humor mit Dauer des Goldegg Aufenthalts immer besser fand. „Sie haben also diesen jungen aufstrebenden Mann umgebracht! Ich nehme an, es handelt sich um künstlerische Abneigung gegenüber dem kommerziellen Grafik-Werbe-Gewerbe, mit dem Walter gut verdient hat?“ Moor, wie in seine Freunde nannten, schaut kurz perplex: „Nein, aber der Gedanke hat eigentlich etwas für sich. Nein, mit dem alter-Dahinscheiden habe ich nichts zu tun. Aber mit Xaver!“ Maier trocken: „Es sind schon sonderbare Männer-Beziehungen hier in diesem Haus!“ Moor verstand das zu Recht nicht und führte sein kleines Geständnis aus: „Xaver hat mich gedeckt. Seit Monaten spiele ich im Seehof-Club falsch, inszeniere unmögliche Aufgaben - ein Regisseur aus Hamburg mit einschlägigen Lech-Erfahrungen, Freunde nennen ihn Maar – unterstützt mich dabei. Die meist leicht illuminierten Spieler scheitern dann automatisch, ich wette gegen sie und schon ist ein bisschen Taschengeld beisammen. Xaver wusste das spätestens, als ich dazu aufforderte, die Bilder anhand des Geruchs zu erkennen. Ich behauptete, Trüffelöl in die Ölfarbe mancher Werke zu mischen. Xaver hörte das und wusste, dass ich im Seehof-Umfeld niemals mit Trüffelöl arbeiten wurde. Schon aus Angst vor Sepp. Als Xaver verhafteten, beziehungsweise in die Sauna sperrten, rief mich dieser mit dem Handy an und saget nur: "Jetzt muss mir etwas Gutes getan werden.“ Ich befreite ihn und brachte ihn im Bierführer unter, wo er jetzt Riesenkrüge statt Pfiffgläser servieren muss, der arme Mann. Er hat schon rapide abgenommen und vermisst alle hier im Seehof.“ Maier war außer sich: „Bitte wen interessiert das, ich würde gerne den Fall lösen. Moor und Maar? Sonst geht es noch? Langsam wird es zeitlich eng!“ Der Malerfürst trat fast ein wenig enttäuscht ab.
Maier hätte ihn schon kurz verhaften können. Das hätte sich zumindest in den Salzburger Nachrichten gut gemacht...
22.12.09
Maier war schon ein bisschen verzweifelt. Er hatte das Gefühl, als hätte sich das Schicksal gegen ihn verschworen. Oder besser: das Seehof-Schicksal. Er beschloss alles auf eine Karte zu setzen. Er würde jetzt wirklich hart an den Fall herangehen. Die letzten Zeugen, oder besser: Verdächtigen und dann würde alles klar sein. Mit energischem Schritt ging er zum Seehof hinüber und holte die letzten wartenden zur Vernehmung, oder besser: zum Verhör. Und zwar alle, die noch da waren auf einmal, Josef Schollenmann, der Banker, Frau-das-muss-reichen-Rubitsch, Musikproduzentin, Nowak, Schreiber, und Amerikaner Nikolaus Käfig, dazu hatten sich noch die Schellhorn-Sühne Felix und Johannes gesellt.
An dem schmalen Tisch im Hofmark wurde es ein bisschen eng.
Maier: Ich weiß, wer der Mörder ist. (Langer ernster Blick in die Runde.)
Schweigen.
Käfig: What did he say?
Felix: He knows the murder.
Käfig: How could he become a detective, havin criminell friends.
Maier: Keine Privatgespäche hier. Was sagt er?
Johannes: Sprechen Sie nicht einmal Englisch?
Maier: Ich verbitte mir diesen Ton, im Gegensatz zu anderen prostituiere ich mich so für die Touristen, sondern halte an unserer Kultur fest.
Rubtisch: Sehr schön, ein Blauer also.
Käfig: He also knows prostitutes?
Felix: Do you know?
Maier (lautstark): Es reicht. Ruhe. Hier rede nur ich, Sie erst wenn ich ausdrücklich frage. Also Herr Käfig, was machen Sie hier und wie gut kannten Sie Herren Walter? Nowak, übersetzen!
Nowak: Tell him about your life, your job and your stay in goldegg. And about your ski-lesson from walter:
Käfig: I love sepp soups, i love my job, but i have to sell my houses, i spent to much money on soups and all the stuff!
Nowak: Er ist ein berühmter Schauspieler, will aber anonym bleiben und traf Walter irgendwann kurz beim Skifahren.
Maier: Ähm, na gut. Und Sie Herr Schollenmann, was bringt Sie hierher.
Schollenmann: Meine Frau, wissen Sie, es war ein hartes Jahr. My Boni ist over the ocean, würde Nikolaus sagen.
Käfig: I am not your boney.
Rubitsch: Können wir dann gehen, ich würde gerne Abendessen.
Maier: Sicher nicht! (Plötzlich läutet das Handy. Maier hebt ab.) Was gibt es? Wie bitte? Das kann nicht Euer ernst sein! Das ist ein Skandal. (Maier brüllt und brüllt, die anderen verlassen schon aus Diskretion den Ort der Vernehmung.)
23.12.09
Herr Maier hatte selten so gebrüllt. Er bekam fast schon Kopfschmerzen. Jetzt nur kein Herzinfarkt, dachte er, als er bemerkte wie sein Herz immer lauter und schneller schlug. Aber es war zum Aus-der-Haut-fahren: „So inkompetent kam man gar nicht ein! Was macht Ihr da in Salzburg? Auf die Festspiele warten oder Thomas Bernhard lesen? Lasst es sein, Ihr versteht es nicht. Ihr seid zu dumm dafür.“ Maier bemerkte plötzlich, dass sein Gesprächspartner aufgelegt hatte. Fassungslos schaute er auf sein Mobiltelefon, den Ausdruck „Handy“ verabscheute er. Das klang so kindlich-lächerlich. Aber seine Gedanken schweiften gerade ab, und das obwohl Maier die vielleicht größte berufliche Niederlage seines Lebens erlebte. Bevor er sich mit diesem Gedanken vertraut machen konnte, läutete das Telefon erneut, wieder eine Festnetz-Nummer aus Salzburg, er hob ab und bellte hinein: „Sind Sie wahnsinnig, einfach aufzulegen?“ Doch am anderen Ende war nicht die Gerichtsmedizin, sondern sein Vorgesetzter, Hofrat Gabriel Burgstehler, schwarzer Sozialdemokrat - in Österreich kein Problem - und Maiers liebstes Feindbild. „Entschuldigung, Herr Hofrat, ich musste gerade jemanden seinen Job erklären.“ (...) „Wie? Ich verstehe meinen auch nicht? (...) Moment, ich habe die höchste Aufklärungsquote im Bundesland.“ (...) Nein, ich lese aus Prinzip keine Tageszeitung, außer der Züricher, diesen manipulierenden Mainstream lehne ich ab. (...) Nein, ich kenne keine Frau Diaz. Seit wann ist Cameron ein Frauenname, da stimmt was nicht! (...) Das wusste ich nicht. (...) Das tut mir leid, ich werde Ihnen bald den Täter servieren. Oder eine Lösung! Grüß Gott.“
Maier war jetzt wirklich fassungslos, zwei Tiefschläge innerhalb von zwei Minuten: Die Leiche war weg, sein Job offenbar auch. Offenbar hatten Diebe die sterblichen Überreste Walters entwendet. Und irgendwer hatte den Salzburger Nachrichten einen Tipp gegeben: Ein Artikel über ihn war offenbar erschienen. „Jet-Set-Polizist macht Party mit Hollywood-Stars.“ Wut entbrannt lief er zu Sepp Schellhorn, der gerade – fast schon weihnachtlich gestimmt – ein paar Zeitungen zerriss: Beide Herren hatten leicht gerötete Köpfe, beide setzten zu etwas an, was Jonny Weismüller neidisch gemacht hätten, beide gingen drohend aufeinander los, doch dann geschah das kleine Weihnachtswunder.
Sepp sagte sanft: „Du hast es auch nicht leicht, oder? Sag Sepp zu mir!“ Maiers Gesichtszüge glätteten sich wie nach einer Botox-Injektion und er murmelte leise: „Mir geht es ganz wie dir, sag einfach nur Maier.“ Wortlos marschierten sie zur Bar und begannen schweigend zu trinken. Irgendwann murmelte Sepp: „Das mit der Zeitung war der Nachbar. Entschuldige.“ Und während Maier fast schon Kinder-und-kleine-Hunde-freundlich wurde, fiel ihm plötzlich ein Detail ein, das den ganzen Fall klären könnte, aber so subtil war, dass er es kaum glauben konnte. Morgen würde er es wissen. Halbnüchtern rief er noch schnell in der Universitätsbibliothek Salzburg an – ja, die haben so etwas dort – und sich das Versprechen geben, morgen eine klare Antwort zu bekommen. Dann tranken sie weiter!
24,12.
Maier erwachte und vermisste etwas. Nach wenigen Sekunden wusste er, was ihm fehlte. Oder besser: was er sonst gewohnt war.
Er hatte keinen Kater. Das war im schon an den vergangenen Tagen aufgefallen. Offenbar musste das die Mischung aus Berg- und Seeluft sein, die in Goldegg eingeatmet wurde. Während der Morgentoilette – Maier schämte sich nicht für diesen Begriff, er war keiner dieser Zeistgeist-Formulierer – überlegte er, ob man die Luft nicht in Flaschen nach Japan exportieren könnte. Oder in die USA. Eben dorthin, wo die Luft schlecht war. Sein neuer Freund Sepp würde das sicher auf die Beine stellen können. Herr Käfig, der gestern Nacht noch zur Runde gestoßen war, könnte es dann bewerben. Doch plötzlich fiel Maier noch etwas ein, dass diese Gehirngespinste verdrängte. Heute war Heiliger Abend und damit war es ausgeschlossen, dass ihn Minister oder Vorgesetzte wegen dieser leidigen Mordgeschichte behelligen würden. Und erstmals seit 50 Jahren, als ihn seine Mutter in einem Korb vor die Polizeistation gelegt hatte, worüber er ihr unbekannter Weise nicht undankbar war, hatte er für die Feiertage ein gutes Programm. Sepp, sein neuer alter Freund hatte ihn gebeten, zu bleiben. Während er beschwingt mit dem Lift – noch ein paar Tage und er würde sich an das tuntige lila Licht gewöhnen – bemerkte er, dass eine Nachricht auf seinem Mobiltelefon leuchtete. Er hatte eine Nachricht auf der Mobilbox. Er hörte sie ab und lächelte plötzlich. Das blieb ihm allerdings fast stecken, als er um die Ecke zur Bar kam. Die gesamte Seehof-Crew und alle Gäste, die gegen neun schon munter waren, standen schweigend in dem Raum. Fast hatte er den Eindruck, als laste eine große Verlegenheit über dem Raum und der Versammlung. Maier wagte ein kleines Scherzchen: „Ist diese Demonstration angemeldet? Wenn nicht, dann muss Rosemarie wieder den Herzogspritzer-Werfer holen.“ Als die Menge in lautes Gelächter ausbrach, wusste Maier, der Witzeerzähler nicht besonders schätzte, dass etwas nicht stimmte. „Ja?“, fragte er in die Runde. Da waren sie alle: Käfig, Schollemann, Schellhorns, Rubitschs, Nowaks, Rosemarie, Resi, Xaver mit nun blond gefärbten Haaren – immerhin war auf der Flucht gewesen, der Medien-Manager des vergangenen Jahrhunderts, der Malerfürst und natürlich Frau Coco. Sepp räusperte sich und meinte: „Da will Dir jemand etwas erklären!“ Betretenes Schweigen.
Maier, der sich heute schon fast unangenehm sympathisch fand, sagte auffordernd: „Na was ist denn? Hat wer als Jugendlicher Haschisch geraucht oder beim Falschparken gleichzeitig schmutzige Gedanken gehabt?“ Coco nahm sich ein Herz trat vor und sagte leise: „Wir, die Gäste und die Mannschaft des Seehof würden gerne eine Selbstanzeige machen. Wegen falscher, oder zumindest unvollständiger Zeugenaussage und wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen.“ Maier wurde langsam doch ein bisschen ernst: „Und zwar welcher?“ Nun trat auch Moorsee vor und sagte: „Es gab keinen Mord, wird haben Walters Tod nur fingiert.“
Maier antwortete nun wieder lächelnd: „Natürlich haben Sie das. Dabei ist Ihnen allen in Ihrem kleinen Gesellschaftsspiel der größte Fehler passiert: einen Zettel am angeblichen Tatort zu hinterlassen, auf dem der Namen Pedanios Dioscurides steht. Im Gegensatz zu Euch Google-Maturanten habe ich mir Material über den Mann und seine Bücher schicken lassen. Das schönste Original liegt übrigens in Wien, aber ich weiß, die Nationalbibliothek ist weit entfernt von Döbling. Um es kurz zu machen: Pedanios war ein griechischer Arzt, der als Militärarzt unter Kaiser Nero im römischen Dienst stand. (An dieser Stelle waren einige Hausgäste wieder eingeschlafen.) Er ist der berühmteste Pharmakologe des Altertums und kannte sich bei – erraten! – Pilzen und ihrer Wirkung aus. Da Walter eine kleine heftige Pilz-Allergie plagt wie mir sein Hausarzt am Telefon vor meiner Ankunft verraten hat, wusste ich, es kann sich nur um eine kleine programmierte Lähmung handeln. Ich wollte nur wissen, wie weit Ihr alle geht.
Nicht weit genug für mich.“
Die Neigungsgruppe Seehof war sprachlos. Nach Minuten fragte endlich der Journalist: „Aber warum haben Sie so lange mitgespielt?“ Maier antwortet mit leichter Verwunderung seinerseits: „Hallo, wissen sie was ich verdiene? Ich koste das hier bis zum letzten Tag aus! Und jetzt sind alle verhaftet. Buuu!“ Ein paar Gäste sprangen tatsächlich zurück. Ins allgemeine leicht hysterische Gelächter fragte Franziska mit ungewohntem Ernst: „Aber wo ist Walter?“ Maier genoss die Verwirrung: „Das war mein Spaß. Walter wurde gleich nach dem Abtransport dezent versteckt. Um das Spiel nicht vorzeitig abbrechen zu müssen, haben wir ihn beschäftigt. Die Salzburger Exekutive hatte zudem dringend ein neues Branding und eine völlige grafische Neupositionierung nötig. Heute muss er noch ein wenig für den Polizei-Witwen-Verein werken. Die Kollegen liefern ihn gegen 14 Uhr ins M32, dann müssen sie spätestens nach Hause. Jetzt will ich frühstücken. Da ich übrigens auf ein Verfahren wegen Irreführung der Behörden verzichten werde, würde ich mich gerne wohl fühlen in den nächsten Stunden und Tagen. Könnten jetzt bitte alle leise "Oh Tannenbaum" summen. Und Frau Rosemarie, ist noch was vom Moet da. Danke!“
Sepp blieb zurück und sagte, was alle dachten: „Was hat die ganze Geschichte eigentlich mit Weihnachten zu tun?“
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Liebe Susi!
AntwortenLöschenGanz gespannt verfolgen wir den Fortgang der Geschichte. Eva ist auch ganz begeistert.
Meine Vermutung: Es ist eine Pilzvergiftung und Walter wird am 24.12. ganz vergnügt unter dem Christbaum herumpurzeln und dann wieder ganz seelig einschlafen. Überhäuft von Geschenkspapier und bunten Schleifen. Nur das linke Ohrwaschl blizt noch hervor.....
...er ist ja wirklich noch zu Jung
Ich glaub da Sepp wars, so ein blödes Alibi wie ich bin nach Salzburg gefahren, zzzzz wer soll denn das glauben.
AntwortenLöschenich glaube auch. fliegenpilz für walter.. vielleicht weil er alleine hubschrauber fliegen will
AntwortenLöschenHm durchaus möglich vielleicht hat er den "unliebsamen" Nebenbuhler aus der Welt schaffen wollen?
AntwortenLöschenIch glaube ja eher an die unschuldig wirkende Frau Susi.
AntwortenLöschender xaver der hat ja manchesmal die ähnlichkeit mit einem ..........
AntwortenLöschendem könnte man es ja zu trauen. wobei die frauen im leben vom walter ja auch nicht unbeleuchtet sein dürfen. hatte der überhaupt welche. doch schwul?
Hm da Xaver schwul? vielleicht ein Beziehungsmord?
AntwortenLöschenja,ja der Walter
AntwortenLöschenEr schwang sich von Kronleuchter zu Kronleuchter um den alten Perserteppich zu schonen. Dann jagte er den Sportmops 5 mal um das Haus und zündete sich dann eine Pfeife an, an der aber nur 3 mal schmauchte. Hernach setzte er sich vor dem Kamin, spuckte sich auf den Bauch dass es nur so klatschte, legte selbigen in Falten und verschwand darin.
ja, ja, der Walter
Rosemarie oder gar der Autor selbst als heiße Spur? A propos heiß, wie gehts eigentlich Xaver?
AntwortenLöschender muss jetzt bügeln. die tischwäsche.. mit der flachen hand macht er das
AntwortenLöschenIch glaub ja wirklich an den Schellhorn als Mörder, der wollte sicher nur seinen Nebenbuhler um die Ecke bringen.
AntwortenLöschendann ist der krimi ein schundheft, wenn der schellhorn das war.
AntwortenLöschendas wäre als würde er in ein soufflé beissen.. banal
Rainer N und Josef S , wortgewaltig diese beiden
AntwortenLöschenkönnen den Verbrechensbekämpfer nicht leiden
ach, ist das nicht ein schlimmes Ding
wie es dem Walter da am Seehof ging?
ach walter, der war doch nur ein verwalter.
AntwortenLöschenviel wichtiger ist doch peter, der künstler
während eben diese nicht betätigen den schalter,
hat peter immerhin den status des giganten
auch wenn ihm die anhänger schwanden
ha, ha, vonwegen Tischwäsche bügeln mit der flachen Hand... unterschätzt mal den Xaver nicht!
AntwortenLöschentun wir eh nicht. der ist auch der schatz des seehof´s
AntwortenLöschennur wo ist er jetzt?
im silbersee?
.. was darf ich Ihnen gutes tun ?
AntwortenLöschenwie ist das jetzt wieder zu verstehn?
AntwortenLöschenwem tut der jetzt wieder gutes hä ?
Also die Rosi kennt sich zumindest mit Wein und Seehof-Gästen sehr gut aus! Außerdem gefällt Sie dem Komissar, obwohl Sie ihn im wahrsten Sinne des Wortes wie eine Weihnachtsgans ausnimmt! Und der Xaver kann sich und uns im Moment gar nichts Besseres tun, als in der Geschichte wieder aufzutauchen! Und zur Info: Man muss weder CSI noch die Erzdiözese sein um das zu wissen/ahnen!
AntwortenLöschenEine Versuch zur vorzeitigen Auflösung der Geschichte: Der Gigant und Malerfürst Peter Baldinger betritt die Szene. Er beäugt den armen Walter eingehend, murmelt unverständliches in seinen Dreitagebart, nimmt einen Dachshaarpinsel und kitzelt ihm am Gaumenzapferl. Die vergifteten Schwammeln kommen eruptiv durch einen Huster wieder zum Vorschein, sehen jetzt aber aus wie Semmelkren. Rosemarie nutzt die allgemeine Verwirrung und lässt ein paar Korken knallen. Xaver darf allen etwas Gutes tun. Der verliebte Verbrechensbekämpfer schluckt kräftig am Petrus 1984 und bekommt Augen wie Nebelschlussleuchten. Spontan wird beschlossen, eine Weihnachtskrippe mit lebenden Darstellern zu bilden. Der schwarz gekleidete Hamburger Regisseur (mit österreichischen Wurzeln) ist sofort ganz in seinem Element. Sepp bleibt Josef, aus Susi wird Maria und Walter mimt das Jesuskind. Owen Meany nichts dagegen! Die Schauspielerin mit der rauchigen Stimme hätte diese Rolle liebend gerne gespielt, schnappt sich ein Glas Schampus und schmollt ein bißchen. Der Rettungssanitäter mit akademischen Grad spielt Ox&Esel, und das gleichzeitig! Der Malerfürst spielt, dank seiner silbrigen Locken, den Engel der Verkündigung. Die Hirtenkinder werden von Franzi dirigiert. An Stelle von Klingeltönen werden jetzt Weihnachtslieder gesungen. Eine liebreizendere Hirtenschar habt Ihr noch nicht gesehen.
AntwortenLöschenUnd dann spricht Josef/Sepp zur versammelten Seehofgemeinde. Jeder Satz eine Weltanklage. Naturgemäß!
RICHTIG RICHTIG
AntwortenLöschenAn den Malerfürsten Peter Baldinger: Gratuliere! Gelungener Auftritt!
AntwortenLöschenAn den Herrn Xaver: Mein Beileid! Jetzt muss man dir wirklich etwas Gutes tun!
PS: Langsam glaube ich auch, dass die Theorie vom Papa stimmt! Siehe erster Kommentar!
AntwortenLöschenIch weiß nicht... an das Idyll der Auferstehung zu Weihnachten kann ich einfach nicht glauben. Schade um den jung Entschlafenen, keine Frage, aber ein Krimi ist eben ein Krimi!
AntwortenLöschenNa endlich, Sepp is back again
AntwortenLöschenwarum sollte er zurück sein, wenn er gar nie da ist? nie mehr ist der da. gar nie. also ist das ganze doch stumpfsinnig. der sepp liquidiert glaube ich den ganzen ort dort. alle liquidiert er. diese sommerfrischler . wenn es im winter auch frischler gibt, dann auch die. wobei er ja nicht die frischler abstossen findet. er findet den ordinären goldegger abstossend. unglaublich abstossend. darum sollte dieser goldegger requisitendstadl liquidiert werden. nicht! so wäre das. der bürgermeister, der hat es gemacht. beleidigt wegen dem golfkurs mit dem walter.
AntwortenLöschenwie jetzt, der Bürgermeister, ein ordinärer Goldegger? Und wer hat die Leiche geklaut? Führt da womöglich eine Spur in unser südlichstes "Lieblings"bundesland mit dem sympathischen Dialekt?
AntwortenLöschender walter ist und war ein fussballfan. jetzt wird der walter im stadion der republik, früher hypo albtraum adria stadion, oder wie die bayern zu sagen pflegen hagAAAAAAAAAAAA, aufgebahrt.
AntwortenLöschendie leiche wurde, um von diesem albtraum adria abzulenken, vom uwe scheuch dort hin gebeamt. oder ist der walter doch schwul und geflüchtet, nimmt einen drink im klagenfurter stadtkrämer,dort wor der petzner nie war?
bürgermeister genannt major hans, ist ein gutmensch.
AntwortenLöschenwalter und er sind freunde.
walter ist ein frauenversteher, ein menschenfreund
also. das war doch diese frau... noch nie erwähnt. dieses schauspiellehrerin.... die spielte auch mal im salzbaron... war sie da böse? jedenfalls kann sie spielen. auch eine unschuldige mörderin. verstossene liebe vielleicht?
hmmm spannend..
AntwortenLöschendieser nowak hat doch auch seine "mau mau verschärft" runden noch immer nicht bezahlt. auch beim walter nicht. der fesche mann aus münchen mit seiner noch hübscheren frau, kann mich nur erinnern, dass sie nicole hiess und immer baileys - er übrigens absolut wodka - trank.. auch was gegen den walter hatte. ich glaube es wird wer sein den wir alle noch nicht hatten..
vielleicht nowak und der "nicole. mann"....
so ein laaaaangweiliges ende
AntwortenLöschendiese seehof menschen wollten anscheinend keine so genannte schwarzfahrt im haus.
AntwortenLöschenoder kalte abreise genannt.
schade zum krimi gehören mindestens 3 tote. beim 4 wird er interessant.
die moslems feiern keine weihnachten.
also hätte man da ruhig wen aus dem stadl ziehen können
Ich habs gewusst, ich habs gewusst!!! Jihiiiiiii!!!!
AntwortenLöschenscheiß ende
AntwortenLöschen